Vor ein paar Tagen habe ich die Möglichkeit gehabt mit einer Gruppe von 6 TeilnehmerInnen und 4 Facilitatoren online an einem 3D-Mapping teilzunehmen. Das, was aus der Krise heraus geboren wurde – online statt offline zu agieren – entppuppte sich für mich als eine wichtige und sehr positive Erfahrung.
Meine vorherige Erfahrung:
Vor Jahren hatte ich die Möglichkeit mit C. O. Scharmer und verschiedenen Größen bei einem Kongress in Berlin den damals „Scultpting“ genannten Prozess mitzumachen. Dabei steht verschiedenen Teams eine vielzahl an Materialien zur Verfügung, mit der sie eine aktuelle Situation in eine art Skulptur übertragen. Ähnlich wie ein Organisationsstellen werden aus den Materialien Formen gebildet oder Figuren und Materialien werden als Platzhalter verwendet. In den Kleingruppen entstehen so verschiedene Bilder. Anschließend sehen sich die TeilnehmerInnen die entstandenen Bilder an den anderen Tischen an und lassen sich die dort verwendeten Symbole erläutern.
In einem weiteren Schritt wird nun wieder in der Ausgangsgruppe ein Zukunftsbild entworfen und man verändert das vorhandene Bild. Dabei achtet man darauf, welche Elemente sich wie verändern. Was wird wohin verschoben, was herausgenommen, was kommt neu herein.
Ein Moderator achtet darauf, dass genügend Zeit für den Austausch und die Besinnung ist. Es wird von allen Teilnehmenden zusammengetragen, Verständnisfragen werden gestellt und es wird nicht diskutiert. Jeder Beitrag ist wesentlich.
Damals erlebte ich eine schwäche in der Moderation und eine Dominanz der im Vorfeld schon bekannten Ideen. Das, was ich eigentlich erwartet hatte, dass sich „die Zukunft ausspricht“ fand für mich nicht statt. Stattdessen vertragen ohnehin starke Persönlichkeiten ihre Ansichten und negativen Urteile gegenüber der gegenwärtigen Situation mit sochler Emotionalität und Vehemenz, dass ich eher enttäuscht, statt beflügelt war mit dem Ergebnis.
Meine jetzige Erfahrung:
Wieder waren mir die TeilnehmerInnen nicht bekannt. Klar war: Wir brauchen etwas Zeit. Und da wir virtuell nicht an einem gemeinsamen Tisch arbeiten konnte, wurde auf dem Tisch einer Facilitatorin das zur Verfügung stehende Material fotografiert und über ein Jamboard zur Ansicht gestellt. Mit einer Kamera wurde der Tisch aufgenommen und wir gaben Anweisungen, was wohin zu stellen war. Dabei wurden der Arbeitsfläche zur Orientierung die vier Himmelsrichtungen zugeordnet, so daß unsere Anweisungen präzise erfolgen konnten.
Die Bedachtsamkeit, mit der wir gearbeitet haben war erstaunlich. Ich hatte den Eindruck, wir hörten uns besser zu. Verfolgten genau, was der Andere wohin platzierte und achteten sehr darauf, was er dazu sagte. Einzelne Rückfragen kamen dazu. Machmal auch eine Überraschung, weil ein anderer das gleiche Material für etwas anderes hernehmen wollte. Dann stellte sich aber auch immer wieder heraus, dass die Materialien gut gewählt und starke Symbole wurden.
Was mich besonders faszinierte: Wir alle hatten genau den gleichen Blick auf das Geschehen und konnten so nachvollziehen, wenn jemand sagte: „noch 2 cm weiter nach Osten“ oder „Jetzt wird es mir zu sehr verdeckt von XY“. Auch beim späteren Rundgang um das gesamte Bild, hatten alle genau die gleiche Perspektive. Was tritt aus dieser Perspektive hervor, was verschwindet wo? Was ist nicht mehr zu sehen?
Ich empfand dieses wirklich gemeinsame Auge als das verbindende Element. Während ich in Berlin meinen Standpunkt einfach wechseln konnte und frei in der Positionierung war, hat gerade dieses einschränkende zu einer viel klareren Begrifflichkeit geführt.
Auch die Achtsamkeit im Zuhören, die Unfähigkeit, selbst das Material anzufassen oder die Wartezeiten aufgrund technischer Aussetzer, führten zu einem besinnlicheren Vorgehen. Ist es jetzt wirklich wichtig, noch etwas dazu zu fügen, nur weil es mir gerade in den Sinn kommt? Habe ich wirklich verstanden, was der Andere mit dieser Position ausdrückt? Und wenn nicht: Muss ich es ihn wirklich fragen, oder kann ich auf mein eigenes Gefühl dazu achten, ob es stimmig ist.
Für mich war es leichter in meiner gewohnten Umgebung mich auf mein Gefühl dazu einzulassen und die Stimmigkeit oder das Fehlen von Etwas zu erkennen. Insofern war es eine große Chance und das Ergebnis war überwältigend.
Und wie geht es euch mit euren Online-Formaten?